Hauptinhalt
Von Beate Kittl
Murgänge sind eine breiartige Mischung aus Wasser und Gestein, die in hohem Tempo steile Hänge hinunter fliesst. Sie tragen zum Teil riesige Felsbrocken mit und haben eine grosse Zerstörungskraft. Auf den fächerförmigen Geröllablagerungen am unteren Ende, die man Wildbachkegel nennt, stehen häufig Dörfer, die geschützt werden müssen.
Vor Murgängen warnen
Durch den Illgraben im Wallis fliesst einer der Wildbäche, in denen Murgänge am häufigsten vorkommen, der Illbach. Das macht ihn ideal für regelmässige Beobachtungen. Andererseits liegt in seinem Wildbachkegel aber auch ein Campingplatz, und viele Touristen und Biker sind dort unterwegs. In Zusammenarbeit mit der WSL haben die Behörden am Illgraben deshalb ein Schutzkonzept erarbeitet.
Das Herzstück ist ein automatisches Warnsystem mit Sirenen und Warnlampen, die Wanderer und Biker im Illgraben alarmieren. Oben im Bachlauf gibt es Radarsensoren und Mikrophone, die bemerken, wenn sich das Bachbett füllt und Gestein rumpelt. Über das Handynetz werden daraufhin die Warnsysteme aktiviert. Experten gehen aber auch zu Fuss in den Illgraben, um Anzeichen für Murgänge zu entdecken.
Murgänge stoppen
Wenn ein Dorf oder eine wichtige Verkehrsverbindung durch einen Murgang gefährdet ist, versucht man, ihn entweder abzulenken oder aufzuhalten. Ablenken lässt er sich mit Dämmen aus Blöcken oder Betonmauern. Zum Aufhalten dienen grosse Sammelbecken, die an der Unterseite durch einen Damm verschlossen sind. Nur an einer schmalen Stelle kann das Wasser hinausfliessen.
Gegen kleinere Murgänge helfen auch Netze im Bachbett. Forscher der WSL haben solche Murgangnetze erprobt, die wie Steinschlagnetze aussehen. Sie funktionieren wie ein Sieb: Im Netz bleibt das Gesteinsmaterial hängen, das Wasser fliesst weiter und der Murgang bleibt stehen. Die Netze gibt es inzwischen in erstaunlicher Grösse: Am Hüpbach im Berner Oberland gibt es eines, das 40 Meter breit und 14 Meter hoch ist.
An der WSL…
… betreiben Forscher schon seit dem Jahr 2000 das Beobachtungs- und Messnetz am Illgraben und haben auch das Warnsystem entwickelt. Eine zweite Beobachtungsstation befindet sich am Dorfbach in Randa im Wallis.
… lassen Forscher im Grossraumlabor Modell-Murgänge auf einer Art acht Meter langen Rutsche hinunterfliessen. Sie untersuchen so ihre Fliesseigenschaften.
Mit den Daten aus dem Grossraumlabor und von den Messstationen in den Alpen können die WSL-Forscher am Computer Murgänge simulieren und vorhersagen, wo ein Murgang bestimmter Grösse am ehesten durchfliessen würde. Gemeinden können dank dieser Software herausfinden, welche Zonen in ihrem Gebiet gefährdet sind. Es gibt eine ähnliche Software auch zur Simulation von Lawinen und Steinschlag (siehe RAMMS-Webseite).