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Es giesst in Strömen, die Böden weichen auf und Hänge geraten ins Rutschen. Unwetter mit Hangrutschen führen in der Schweiz immer wieder zu grossen Schäden. Die Gefahr ist jedoch auch nach einem Hangrutsch nicht gebannt. Die kargen Böden sind dem Wetter ungeschützt ausgeliefert und drohen weiter abzurutschen. Was tun, damit diese Hänge wieder stabil werden?
Früher haben Fachleute vor allem auf technische Verbauungen aus Stahl, Beton oder Steine gesetzt. Ein Hang musste dabei fast vollständig verbaut werden, was ein grosser Eingriff in die Natur bedeutet und auch sehr teuer ist.
Heute kombinieren Forstleute, Ingenieure und Umweltfachpersonen Technik und Biologie. Sie bauen Stützwerke, um die Hangneigung zu verkleinern.
Nicht nur Beton, sondern auch Pflanzen
Sie benutzen aber auch Pflanzen, die helfen, Hänge zu stabilisieren. Die Pflanzen erfüllen verschiedene Aufgaben. Ihr Blätterdach schützt den Boden, indem es einen Teil des Regens zurückhält und die fallenden Regentropfen abbremst. Die Wurzeln halten den Boden zusammen und entziehen diesem Wasser. So kann ein Hang während einem Unwetter mehr Wasser aufnehmen und bleibt länger stabil.
Beim Bepflanzen achten die Fachleute darauf, verschiedene Arten zu verwenden. Denn die Pflanzen unterscheiden sich nicht nur oberirdisch, sondern auch aufgrund ihrer Wurzeln. Die einen wachsen zum Beispiel tiefer, die anderen dichter. Dadurch wird der Boden stabiler.
Gut gemischt hält besser
Eine gute Mischung von Sträuchern und Bäumen, Laub- und Nadelhölzern, aber auch von Gräsern und Kräutern ist wichtig. Weiden und Erlen haben sich bewährt, aber auch Birke, Hasel, Liguster oder Pappel werden verwendet, je nach Standort. Ergänzt werden die Pflanzungen durch Samensaaten mit dicht und tiefwurzelnden Gräsern und verschiedenen Kleearten. Als tiefwurzelnde Bäume wählen die Fachleute gerne Bergahorn und Tanne.
Damit die Pflanzen ihre Aufgaben erfüllen können, müssen sie schnell wachsen. Leider bieten die ausgewaschenen Böden eines steilen Rutschhanges alles andere als gute Wachstumsbedingungen. Eine wichtige Rolle für das Pflanzenwachstum spielen die Mykorrhizapilze. Das sind Pilze, die mit Pflanzen in einer engen Partnerschaft leben.
Tauschhandel mit Nährstoffen
Der Begriff "Mykorrhiza" kommt aus dem Griechischen (mukês für Pilz und rhiza für Wurzel) und umschreibt eine Wurzel, die von einem Mykorrhizapilz besiedelt ist. Etwa ein Drittel der Pilzarten in der Schweiz sind Mykorrhizapilze. Solche Pilzarten hüllen die feinen Pflanzenwurzeln mit unzähligen feinen Fäden, den Hyphen, ein.
Dank diesem Fadengeflecht ziehen Pflanzen viel mehr Wasser und Nährstoffe aus dem Boden, denn die Aufnahmefläche der Pflanzenwurzel wird bis zu fünfzigmal vergrössert. Die Folge: Die Pflanze und vor allem ihre Wurzeln wachsen besser und schneller. Als Gegenleistung erhält der Pilz Zucker aus den Pflanzenwurzeln, den er selber nicht produzieren kann, zum Überleben aber braucht.
Die Geheimwaffe gegen Hangrutschen
Seit kurzem weiss man, dass die Pilzpartner nicht nur indirekt über das verbesserte Pflanzenwachstum, sondern auch direkt als Geheimwaffe für die Bodenstabilität eine wichtige Rolle spielen.
Mit ihren grossräumigen Hyphennetzwerken umgarnen sie kleinste Bodenpartikel und formen dadurch kleine "Bodenkrümel". Diese zementieren sie zusätzlich mit "Kittsubstanzen", die dem Wirkstoff des Sekundenklebers sehr ähnlich sind. Diese Bausteine speichern auch gleichzeitig Wasser und Nährstoffe.